Für Wohnprojekte in Frankfurt gewinnt das Erbbaurecht stetig an Bedeutung, seit die Stadt beschlossen hat, Grundstücke nur noch im Erbbaurecht zu vergeben und nicht mehr zu verkaufen. Auch bei den meisten Konzeptverfahren der Stadt werden die Grundstücke in Erbbaurecht vergeben.
Wohnprojekte müssen demnach in Zukunft damit rechnen, dass sie ihr Projekt auf städtischem Boden im Erbbaurecht umsetzen werden müssen – was durchaus ein Vorteil für alle Beteiligten sein kann.
Wenn ein Grundstück verpachtet wird und der Pächter oder die Pächterin ein Gebäude darauf errichtet, geschieht dies in Erbpacht. Somit ist das Eigentum am Gebäude und das Eigentum am Grundstück voneinander getrennt.
Der:Die Erbbaurechtsgeber:in verpachtet an den:die Erbbaurechtsnehmer:in. Der:Die Erbbaurechtsnehmer:in hat ein eigentumsähnliches Recht an dem Grundstück und kann dort prinzipiell alles machen und alle gewinne für sich behalten. Über den Erbbaurechtsvertrag kann der:die Erbbaurechtsgeber:in jedoch sehr genau bestimmen und kontrollieren, was auf den Flächen passieren darf.
Das Erbbaurecht ist ein komplexes juristisches Thema und wird an dieser Stelle nicht tiefergehend behandelt. Wer sich für das Erbbaurecht interessiert kann sich auf der Website des Erbbaurechtsverbands oder der Stiftung trias einlesen.
Der Frankfurter Immobilienmarkt ist seit Jahren angespannt. Infolgedessen sind die Bodenwerte extrem angestiegen. Der jährlich zu zahlende Erbbauzins wird als Prozentsatz des Bodenwertes des Grundstückes berechnet – genannt Erbbauzinssatz.
Da die Bodenwerte so hoch sind, ist es auch der jährlich zu zahlende Betrag. Diese Kosten werden vom Erbbaurechtsnehmer (Vermieter) an die Mieter:innen weitergegeben. Die Stadt (Erbbaurechtsgeberin) beteiligt sich somit direkt an der Mietpreisbildung, indem sie einen Teil der Einnahmen für sich beansprucht.
Das ist auch völlig in Ordnung, solange der Erbbaurechtenehmer private Gewinne erzielt. Ist der Erbbaurechtsnehmer jedoch ein gemeinwohlorientierter Akteur, der keine Gewinne macht, sondern dauerhaft bezahlbaren Wohnraum anbieten möchte, sollte die Stadt dies ermöglichen. Momentan verhindert der Bodenwert den Bau oder erhalt von bezahlbarem Wohnraum. Die ungleichen Vorzeichen, mit denen die verschiedenen Akteure auf dem Markt agieren müssen durch die Stadt ausgeglichen werden, damit alle die gleichen Chancen haben.
Dementsprechend braucht die Stadt nicht allgemein einen niedrigen Zinssatz, sondern Vergünstigungen für gewünschte und förderwürdige Nutzungen. Gemeinsam mit Fachleuten, Wohnprojekten, Politiker:innen und der Verwaltung erarbeiten wir ein Konzept zur Nutzung des Erbbaurechts zum Wohle der Allgemeinheit.
Im Frühling 2021 startete das Netzwerk Frankfurt die Online-Unterschriftenkampnage „Erbbauzinssatz senken!“ Trotz des komplexen Themas konnten wir über 2000 Unterschriften sammeln und sie den damals regierenden Parteien übergeben. Ein paar Monate später haben es unsere Forderungen in den Koalitionsvertrag der neuen Regierung geschafft, wir können die Kampagne somit als Erfolg verbuchen.
Doch Papier ist bekanntlich geduldig und wir haben von der neuen Stadtregierung nun schon lange nichts mehr zu Thema gehört. Daher treten wir nun mit politischen Entscheidungsträger:innen und Behörden in Kontakt. Wir fordern dort eine schnelle Umsetzung der Versprechen des Koalitionsvertrags und bieten unser Knowhow als Berater:innen an, was dort dankend angenommen wird. Gemeinsam werden wir ein konkretes Konzept erarbeiten, damit unsere Kernforderungen in der Praxis umgesetzt werden können.
Die Stadt soll ihren Boden behalten und damit die Stadt dauerhaft gestalten.
Der strukturelle Nachteil gemeinwohlorientierter Nutzungen muss über das Erbbaurecht ausgeglichen werden.
Das Erbbaurecht ist so auszugestalten, dass die Stadt die Kontrolle behält und gleichzeitig die Bedingungen für gemeinwohlorientierte Nutzungen verbessert werden.
Netzwerk Frankfurt
für gemeinschaftliches Wohnen e.V.
Adickesallee 67 / 69
60322 Frankfurt am Main
Telefon: 069 – 91 50 10 60
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